Eine der schmerzhaftesten Hinrichtungsmethoden war das sogenannte Rädern, welches das letzte Mal im 19. Jahrhundert praktiziert wurde.
Sie war eine sehr grausame sowie langwierige Hinrichtungsmethode, zählte zu den ehrlosen Strafen und wurde vorwiegend an Männer angewandt, die einen Mord oder Raub verrichtet hatten.
Diese Todesstrafe war unter dem Publikum sehr beliebt, da sie ihnen viel Unterhaltung bieten konnte. Für uns noch immer eine sehr kuriose und skurrile Vorstellung!
Das Rädern wurde bereits bei den Römern als Strafe angewandt, wenn ein Mann Unzucht mit der Herrin getrieben hatte. Jedoch wurde sie vorwiegend im Mittelalter durchgeführt und hatte im 18. Jahrhundert ein Comeback, vor allem in Deutschland und Frankreich.
Wer hat das Rädern erfunden?
Der Ursprung dieser Vollstreckungsart geht vermutlich auf Menschenopfer im Rahmen religiöser Sonnenkulte zurück, vergleichbar unter anderem mit aztekischen Opferritualen. Das Rad selbst war schon immer ein Sonnensymbol und wurde z.B. bei Sonnwendfeiern den Göttern geopfert, meist indem es angezündet und den Berg hinuntergerollt worden ist. Aus dieser Tradition hat sich ein Folter- und Tötungsinstrument entwickelt, der einem Ritualmord gleicht.
Das Rädern war weit verbreitet und wurde überall ähnlich durchgeführt, allerdings gab es hie und da leichte Abwandlungen. Für die Folterung wurde vorwiegend ein Wagenrad – manchmal mit Eisenspitzen versehen – verwendet, wobei der Gefolterte danach auf einem anderen Wagenrad aufgespannt worden ist.
Es gab auch Varianten, bei denen der Verurteilte z.B. direkt auf ein Rad oder zwei gekreuzte Holzbalken gelegt und gefesselt wurde. Es gab auch eine eigens dafür konstruierte „Radbrechmaschine“.
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Die Hinrichtung – ein mehrstufiger Prozess
Im ersten Teil wurde der zu Rädernde meist nackt auf den Boden gelegt, dessen Gliedmaße an Pfosten gefesselt und durch keilartige Holzscheite erhöht. Bei der daraufhin gefolgten Zertrümmerung der Arme und Beine gab es zahlreiche Abänderungen. Eine kurze Beschreibung kann dem Buch „Schimpf und Ernst heißet das Buch mit Namen, durchlauft es der Welt Handlung mit ernstlichen und kurzweiligen Exempeln, Parabeln und Historien“ aus dem Jahr 1522 von Johannes Pauli, einem Franziskaner, entnommen werden:
„wan man ein mörder redern wil, so stoszt man im alle seine glider ab, arm und schenckel, vnd darnach legt man in vff den buch, vnd stoszt im den rucken entzwei mit dem rad, das macht in erst gantz gerecht, der stosz heiszt ein gesellen stoß“ (Pauli 1522, S. 273)
Die Anzahl der Stöße bzw. Schläge wurden je nach Strafe vorher festgelegt und entweder mit einer Eisenstange, einem Hammer oder mit einem schweren Wagenrad durchgeführt.
Der sogenannte „Gesellenstoß“ instituierte sich während der Reformation und ist auch als „Gnadenstoß“ bekannt. Der Henker schlug dem Verurteilten direkt und gezielt ins Genick oder auf die Kehle, um seinen Qualen ein schnelles Ende zu bereiten. In obiger Definition wird der Gnadenstoß erst nach der Zertrümmerung durchgeführt, währenddessen der Rücken mit dem Rad entzweit wird… ob das das Ganze wirklich gerecht gemacht hat, ist aus unserer heutigen Sicht natürlich sehr fraglich…
Mancher Scharfrichter führte den Genickstoß oder eine Strangulierung sogar heimlich durch, da sich die Bevölkerung ansonsten hintergangen fühlte und das konnte dem Henker zum Verhängnis werden… es bleibt leider bizarr!
Die Radstöße waren wohl die qualvollste, aber auch die am meisten angewandte Variante. Die Zertrümmerung wurde entweder „von unten“ mit den Unterschenkeln beginnend durchgeführt, wodurch die Qualen hinausgezögert wurden und der zu erlösende Schlag auf den Brustkorb – vorausgesetzt, der Henker ließ überhaupt Gnade walten – zuletzt ausgeführt worden ist, oder es „von oben“ und somit direkt mit dem Gesellenstoß begonnen und die Qualen des Opfers somit verkürzt. Normalerweise müsste der Gefolterte spätestens bei der Zertrümmerung des Oberschenkelknochens langsam das Bewusstsein verloren haben, da der starke Blutverlust einen hämorrhagischen Schock hervorruft, gefolgt von einem Volumenmangelschock, der demnach einen Kreislaufstillstand auslösen konnte
Der zweite Abschnitt war jedoch der für die Bevölkerung eigentlich aufsehenerregendere Akt:
Nachdem die Gliedmaßen gebrochen worden waren, wurde der Delinquent entweder in die Speichen eines Wagenrades eingeflochten oder daran festgebunden. Danach wurde das Rad mithilfe eines Pfostens aufgerichtet und das Opfer wurde zur Abschreckung für längere Zeit Wind und Wetter, als auch Tieren wie z.B. Vögeln, ausgesetzt und zur Schau gestellt. Diese Variante erinnert an die Kreuzigung.
Nach der Verwesung wurde der Tote abgenommen und anschließend „verlocht“, das bedeutet, er wurde achtlos im Boden verscharrt, da Verurteilte nicht auf einem Friedhof bestattet wurden.
Manche Opfer wurde nach dem Rädern gar „decolliert“ (enthauptet), der Kopf gepfählt und nur der Leib auf das Rad geflochten, andere wiederum wurden nach dem Rädern gehängt, gevierteilt oder verbrannt etc.
Wir können beispielsweise einem Urteil aus dem Jahr 1605 entnehmen, dass der wegen Diebstahl, Mord und Zauberei Angeklagte Blasius Putzhueber wie folgt verurteilt worden ist: aufgrund der Diebstähle musste er mit einen Strang um den Hals zum Hochgericht gehen, danach musste er wegen seiner Mörderei vier Radstöße – aber ohne Gnadenstoß – erleiden und sollte anschließend wegen Zauberei und „Kirchenfrevel“ auf das Rad geflochten und bei lebendigem Leibe verbrannt werden. Aus Gnade wurde jedoch vom Hofgericht Brixen vor der Verbrennung der Gesellenstoß angeordnet.
Das Rädern ist anthropologisch und archäologisch nachweisbar!
Archäologisch betrachtet ist es schwierig, das Rädern anhand von Skeletten nachweisen zu können. Wir haben zwar viele historische Quellen, archäologische sind jedoch rar zu finden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der archäologische Fund eines Geräderten im Jahr 2014 für großes Aufsehen sorgte! Es konnte erstmalig in Österreich, in einer Richtstätte in Birkachwald bei Unterzeiring, Steiermark, ein Gerädeter archäologisch nachgewiesen und untersucht werden.
Die anthropologische Untersuchung ergab, dass es sich bei dem gefundenen Skelett um einen etwa 30 Jahre alten Mann handelt, der vermutlich zuerst gehängt und danach gerädert worden ist, zumindest machen das die Verletzungsspuren anhand der Brüche an den Halswirbeln deutlich. Die Langknochen weisen markante Bruchstellen auf und eine Verdrehung der Knochen, die für das „Rad-Einflechten“ spricht, konnte anhand der vorhandenen Spiralbrüche festgestellt werden. Die Bruchenden deuten darauf hin, dass die Verletzungen durch einen schweren Gegenstand – z.B. ein Rad – hervorgerufen worden sind. Der zur Halswirbelsäule versetzte Kopf lässt auf eine Enthauptung schließen, die vermutlich nach dessen Tod erfolgt worden ist.
Die Heilige Katharina mit‘n Radl
Übrigens, falls jemand in einer Kirche eine weibliche Heiligenfigur mit einem zerbrochenen Rad, das mit Zacken versehen ist, sehen sollte – dabei handelt es sich um die legendäre Gestalt der Heiligen Katharina von Alexandrien, welche einer Legende nach gerädert werden sollte, das Rad jedoch von einem Engel zerstört worden ist – daher diese Darstellung.
Leider gibt es keine historischen Quellen zu ihrer Existenz. Es wird vermutet, dass sie der Hypatia von Alexandria nachempfunden worden ist.
Falls wir uns das nächste Mal „wie gerädert fühlen“, können wir nur von Glück sagen, dass das nicht den Tatsachen entspricht!
Nächste Woche werden wir uns ein letztes Mal mit Hinrichtungsmethoden auseinandersetzen, die ihr sicherlich schon das ein oder andere Mal gehört habt… welche das wohl sind?
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*Bildrechte: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/936878
**Bildrechte: Ausgestellt auf der Burg Riegersburg in der Steiermark; MNr. 65610.14.01 / Parz. 1054 / FL 3 / DOF 2 / OBJ. 17 / FUND-NR. 65 vom 27.08.2014 (C) Foto: suit, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=70113709
***Bildrechte: http://www.ckrumlov.cz/obr/region/podkleti/6483b.jpg
Text:
Manuela Supan, BA.
Teil des ArchäoNOW-Teams und Studentin der „Urgeschichte und Historischen Archäologie“